• Ich liebe meinen Rücken

Wunderbare Kinderjahre? – Junge Leben heute

Helikopter-Eltern waren gestern. Heute bangt Pädagogen vor Rasenmäher-Eltern, die jedes potenzielle Hindernis für ihre Kinder aus dem Weg räumen – lange bevor es sichtbar wird.

Rückschläge, Scheitern, Fehler – für Kinder von Rasenmäher-Eltern unbekannt. Klingt das nicht nach einer wahren Luxus-Kindheit, die viele Heranwachsende heute genießen dürfen?! Die Folgen werden von Experten anders eingeschätzt. Kinder und Jugendliche haben es heute gar nicht so leicht.

Mit dem Fernhalten von Problemen und dem Eingreifen in Konflikte wird Kindern nicht nur der Stress einer Auseinandersetzung genommen, sondern auch die Möglichkeit und das Erlebnis, die Hürde überwinden zu können und eigene Erfahrungen zu sammeln. Erfolge und der Gewinn an Erfahrung werden immer seltener zur individuellen Leistung, sondern müssen mit den Eltern geteilt werden – denn die haben schließlich kräftig dazu beigetragen. Gemeinsames Lernen für die Schule, Mamataxi, Papas Engagement im Sportverein, Einzeltraining, Streitschlichtung, Anruf in der Schule.

Wenn Eltern mehr und mehr zum Synonym für Leistungsdruck und Perfektion werden, bleibt emotionale Geborgenheit auf der Strecke. Die holen sich Jugendliche dann – zumindest vermeintlich – in einem sozialen Umfeld, das zwar überwiegend digital stattfindet, dafür aber ganz und gar ihnen gehört. Gerade im Bereich der emotionalen Stabilisierung braucht es dann aber doch die Lebenserfahrung und Distanz eines Erwachsenen. Der Streit um die Schippe im Sandkasten kann gut alleine gelöst werden, das Body Shaming in der Nachrichtengruppe der 9. Klasse hinterlässt jedoch Narben und braucht elterlichen Beistand. In der Praxis findet die Verteilung von erzieherischer Aufmerksamkeit dagegen häufig genau andersherum statt.

Weder Eltern noch Kindern noch irgendjemandem kann hier wirklich ein Vorwurf gemacht werden. Unser Leben hat sich einfach vielfach in eine Richtung entwickelt, die diese neuen Beziehungen mit sich bringt. Elternzeit steht in den ersten Lebensjahren der Kinder zur Verfügung, danach läuft das Leben für Familien meist auf der Überholspur. Zeit für Müßiggang, Fehler und Ineffizienz bleibt da kaum. “Lass lieber mich machen – so geht es schneller!”

Manchmal reicht bereits das Verständnis für die Situation, um sie zu verändern oder sogar zu verbessern. Wenn Ihr Kind mit blauem Schienbein aus der Schule kommt, muss das kein Mobbing sein. Vielleicht kann man der Situation einfach Zeit geben.

Befragen Sie Ihr Kind doch einmal dazu, wie es ihm oder ihr geht. Einfach so. “Bist Du froh?” “Magst Du reden?” “Gehen wir eine Runde?” Gemeinsame Zeit, Qualitätszeit, schafft Nähe und Vertrauen.

Kinder sollten Kinder sein dürfen und Eltern sollten Eltern sein dürfen – keine Nachhilfelehrer, Polizistinnen oder Ergotherapeuten. Anstelle von “schneller, besser, weiter” tut es manchmal auch “Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß”.

Unsere Kinder sind zu gut, um perfekt sein zu müssen!